MACHT GESCHENKE: DAS KAPITAL - Kritik der politischen Ökonomie
WORK IN PROGRESS (22.09. - 26.09.2010), Hacking the City, Base Station, Museum Folkwang, Essen, 2010
MACHT GESCHENKE: DAS KAPITAL wirkt im Verborgenen. Während der Projektwoche werden im Museum Folkwang alle mit dem Projekt verbundenen Tätigkeiten öffentlich ausgeübt. Museale Präsentation, private Arbeitssituation und Making-of werden miteinander verwoben, alles ändert seine Gestalt. Die Künstlerin ist an- und abwesend und kommuniziert. Dinge tauchen auf und verschwinden. Geschenke werden gemacht.

Seit 25. Mai 2009 überweise ich täglich 1 Cent an das Bundesministerium der Finanzen und wirke dem wachsenden Schuldenberg in homöopathischen Dosen entgegen. In das Feld "Verwendungszweck" schreibe ich jeweils 108 Zeichen aus "DAS KAPITAL - Kritik der politischen Ökonomie" von Karl Marx. So wird nach und nach der gesamte Text des Buches per Online-Banking auf das zentrale Konto des Staates übertragen. Die Übermittlung der ca. 1696500 Zeichen dauert ungefähr 43 Jahre. Die benötigte Transfersumme in Höhe von 15709 Cents wird im Staatshaushalt als ökonomischer Kapitalzuwachs in gleicher Höhe verbucht. Die Wertsteigerung der Kapitalanlage durch Zins und Zinseszins ist hierbei noch ebenso wenig berücksichtigt wie die eingesetzte Arbeitskraft und Lebenszeit oder die Wertschöpfung durch kulturelles und symbolisches Kapital.

DAS KAPITAL, das sich unwiderruflich in Konten und Archive einschreibt, ist eine Schenkung an das ganze Volk, eingestellt in den Staatshaushalt der BRD, verwaltet durch die aktuell gewählten Repräsentanten, sicher verwahrt bei der Bundesbank. Gelänge es, die momentane Staatsverschuldung in Höhe von derzeit 1.746.599.197.210 EUR einzufrieren, wäre mein Geschenk aufgrund der exponentialen Effekte von Zins und Zinseszins in der Lage, diesen Betrag innerhalb von 300 Jahren zu tilgen.

Jede der etwa 15709 Überweisungen wird per Screenshot dokumentiert, einmalig auf Urkundenpapier ausgedruckt, signiert und im Verlaufe des Projektes stellvertretend an einzelne Bürger/innen verschenkt. Parallel dazu streiche ich in "Überzeichnungen" auf Transparentpapier Zeichen um Zeichen aus und erzeuge analog zum Buch eine unlesbare Notation des KAPITALS, bestehend aus Zähl- und Zahlzeichen. Am Ende des Projektes wird in mehrfacher Hinsicht ein kumulativer Kapital- und Wertezuwachs zu verzeichnen sein, der sich nicht mehr allein in Zahlen und Zeichen ausdrücken lässt.

MACHT GESCHENKE: DAS KAPITAL begegnet der herrschenden politischen Ökonomie sowie sinnentleertem, menschenunwürdigem Bürokratismus mit der Geste des Schenkens und stellt die Sinnfrage. Das System sieht sich im Spiegel. Die Mikrospenden bringen 1 x täglich die Bilanz des Staates aus dem Gleichgewicht – ungefähr einen Atemzug lang. Sie dienen als Impulsgeber für eine Wertedebatte, die kontinuierliche Reflexionen und Nachhall erzeugt und nachhaltiges Denken provoziert.
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[REALFILM: ÜBERWEISUNGEN 25.05.2009 - 26.09.2010 ]___[ÜBERWEISUNGSVORDRUCK]___[POSTKARTE]
[SCHENKUNG AN HERRN BEITZ]______[HACKING THE CITY]